Auch wenn sich die USA und Mexiko nicht wirklich grün sind, so konnten sie sich doch Ende 2018 auf ein Freihandelsabkommen einigen. Der Nachschub an Tequila ist damit gesichert! Immerhin gehen rund 80 Prozent des Produktionsvolumens von Mexiko aus in die Vereinigten Staaten. Gleich danach folgt Deutschland als zweites Importland – mit gerade einmal zwei Prozent. Grund genug, sich einmal näher mit dem mexikanischen Nationalgetränk zu beschäftigen.
Agaven für Veganer und Genießer
Veganer kennen den aus der Agave gewonnenen Dicksaft und verwenden ihn gern zum Süßen von Speisen und Getränken. Doch die Agave, speziell die Blaue Agave, kann noch mehr! Sie sorgt dafür, dass aus dem Mezcal (mexikanische Spirituose) ein Tequila wird, der wirklich einzigartig ist. Einst wurden verschiedene Agavenarten verwendet, um die Spirituose herzustellen. Doch gegen Ende des 19. Jahrhunderts konnte sich die Blaue Agave durchsetzen und wurde bevorzugt verwendet. Angeblich wurde 1949 festgelegt, dass nur noch die Blaue Agave für die Tequila-Herstellung verwendet werden durfte, doch in den 1980er Jahren waren noch mindestens vier weitere Arten bekannt und wurden verwendet. Nachweislich wurde dann in 1994 die Festlegung getroffen, den Tequila lediglich aus der Blauen Agave herzustellen. Diese zeigt eine Reihe von Vorteilen:
- schnelle Reifung innerhalb von vier bis sechs Jahren
- rasches Größenwachstum (erreicht Höhen von 1,5 bis 2,5 m und Durchmesser von 2 bis 3,5 m)
- höchster Zuckeranteil
- rasche Bildung zahlreicher Ableger
- kostengünstig und für den Massenanbau geeignet
Der blaue Weber-Agave
Bei der Produktion von Mezcal dürfen die Produzenten auch auf weitere Agavenarten zurückgreifen, Tequila aber muss aus der Blauen Agave gewonnen werden. Diese wiederum darf nur aus den Regionen verwendet werden, die für die Produktion von Tequila gesetzlich zugelassen worden sind. Die Blaue Agave trägt auch den Namen Weber-Agave und wurde damit nach Frederic Albert Constantin Weber benannt, der die Pflanze im Jahr 1902 erstmalig umfassend beschrieb. Verwendet werden für die Herstellung der hochwertigen Tequilas die Herzen der Blauen Agave, die zwischen 20 und 40 Kilogramm schwer werden können. Teilweise wiegen sie sogar bis zu 100 kg! Vor der Ernte wird der Zuckergehalt gemessen, der bei mindestens 24 Prozent liegen muss.
Unterscheidung nach Anbaugebiet
Mezcal ist um einiges vielfältiger als Tequila, dennoch kann auch Letzterer nach seinem Produktionsgebiet („Terroir“) unterschieden werden. Dies äußert sich sogar geschmacklich, denn je nach Anbauort unterscheiden sich die Agaven in Zucker- und Stärkegehalt. In den Gebieten des Tieflands rund um El Arenal, Amatitan und Tequila werden die Agaven nach sechs bis zehn Jahren geerntet. Bis dahin gedeihen sie in der Vulkanerde, die sich durch ihre schwarze Farbe auszeichnet. Die Tequilas, die von hier kommen, sind leicht kräuterig im Geschmack, In den Gebieten des Hochlands um Gonzalena, Arandas, Jesus Maria, Zapotl und Tepatitlan ist die Erde eisenhaltig und damit eher rot gefärbt. Dies lässt die Agaven einen höheren Anteil an Stärke und Zucker ausbilden. Die Ernte erfolgt hier erst nach acht bis zwölf Jahren. Die Tequilas von hier sind fruchtig und weisen einen blumigen Geschmack auf.
Die Herstellung von Tequila
Man schrieb das Jahr 1850, als die Produzenten von Mezcal im Bundesstaat Jalsico entschieden, die Herzen der Blauen Agave in industriellen Öfen zu backen. Bis dahin wurden sie in Erdöfen gebacken, die allerdings mit Holz befeuert werden mussten. Holz war zu dieser Zeit aber sehr knapp, daher fiel die Entscheidung zugunsten der Industrieöfen. Schon bald war der bisher bekannte Backprozess umgestellt worden, was sich bis ungefähr 1920 zog. Die Umstellung hatte jedoch direkte Auswirkungen auf den Tequila selbst, der von nun an anders schmeckte. Ihm fehlte seither das Raucharoma, das ansonsten durch das verbrennende Holz entstand. Dies war der Grund, warum aus einer Spirituose zwei wurden: Tequila trennte sich von Mezcal und bildete fortan eine eigene Untergruppe.
Nun wurden die Agavenherzen wieder in Erdöfen gebacken, im 20. Jahrhundert wurden dann fast nur noch Ziegelöfen verwendet. Einige Jahrzehnte später wurden Autoklaven verwendet, danach folgten die Diffusoren. Autoklaven waren ursprünglich dazu konstruiert worden, Dinge zu sterilisieren, doch die an einen Schnellkochtopf erinnernden Geräte eigneten sich perfekt für die Herstellung von Tequila. Angeblich sind die dabei entstehenden Aromen weniger komplex, dafür sind die Agavenherzen in rund der Hälfte der Zeit ausgekocht. Noch modernere Hersteller von Tequila verwendeten schon bald Diffusoren, mit deren Hilfe das Kochen der Agavenherzen entfallen konnte. Sie wurden nun im Rohzustand geschreddert. Hierbei findet die Hydrolyse statt, die wiederum die Kohlenhydrate der Agave aufspaltet. Der bei der Hydrolyse entstehende Zucker wird extrahiert, danach wird er mit Wasser verdünnt und alles wird zusammen aufgekocht. Diffusoren sind deutlich effizienter als Autoklaven, hierbei entstehen rund 20 Prozent mehr fermentierbares Material.
Weitere Verfahrensweisen und die Fermentierung
Nachdem die Agavenherzen gebacken wurden, werden sie in einer Steinmühle mechanisch zerkleinert. Das maschinelle Zerkleinern wird als Shreddern bezeichnet. Dabei tritt der Saft aus den zerdrückten Zellfasern aus. Dieser Saft wiederum wird in Gärbottiche gegeben, da hier die Fermentierung stattfindet. Die Steinmühle, auch Tahona genannt, hat dabei einen Nachteil, denn sie ist deutlich ineffizienter als der Shredder. Dieser braucht nur fünf Minuten für eine Arbeit, die bei der Steinmühle einen ganzen Tag kostet. Dafür sind aber die entstehenden Aromen besser, die Tequilas sind intensiver und gleichzeitig milder im Geschmack. Der Grund ist, dass beim Shreddern Bitterstoffe aus der Faser gedrückt werden, was in der Steinmühle nicht der Fall ist. Tequila aus dem Shredder ist effizienter herzustellen, dafür geschmacklich eher rau und scharf. Zur Fermentation des Tequilas werden Kulturhefen eingesetzt, außerdem bestehen die Fermentationsbehälter aus Stahl. Die alten Holzbehälter sind schon längst nicht mehr im Einsatz, auch wenn die Aromen dadurch reichhaltiger waren. Hygienische Gründe sprechen aber gegen die Verwendung von Holzbehältnissen, daher wurde auf rostfreien Stahl umgeschwenkt. Die Fermentation dauert unterschiedlich lange und kann nur zwölf Stunden betragen oder sogar mehrere Tage. Traditionell sollte sie zwölf Tage dauern, doch es werden Chemikalien zugesetzt, die den Prozess auf zwei bis drei Tage reduzieren.
Destillation und Reifung des Tequila
Das Pot-Still-Verfahren ist für Mezcals üblich.Tequila hingegen wird kontinuierlich destilliert, wozu das Säulenbrennverfahren eingesetzt wird. Per Gesetz muss Tequila zweimal destilliert werden, der Nachweis dazu ist aber schwer. Teilweise wird das Pot-Still-Verfahren, bei dem die Destillierapparate aus Kupfer oder Ton bestehen und bei dem chargenweise destilliert wird, zusätzlich angewendet. Tequila-Kenner wissen aber, dass das Getränk durch mehrfaches Destillieren nicht unbedingt besser wird, denn mit jedem Destillieren verliert es auch an Aroma. Das gilt vor allem für die automatisierten Prozesse, die für die Herstellung der großen Mengen an Tequila unverzichtbar sind.
Des Weiteren werden verschiedene Zusätze beigegeben, damit die Qualität des Getränks immer gleich bleibt. Heute ist daher keine Handschrift des Destillateurs mehr vorhanden, ein Tequila schmeckt wie der andere. Doch nicht alle Hersteller setzen auf die Errungenschaften der Technik, sondern sie verwenden eher traditionelle Methoden statt moderner Technologien. Damit gibt es dennoch Unterschiede im Geschmack der Spirituose.
Aroma, Textur sowie die Farbe des Tequilas können verändert werden:
- Zuckerkulör: färbt den Tequila dunkler
- Extrakte der Eiche: Vortäuschung der Reifung im Fass
- Glycerin: Veränderung der Textur
- Zuckersirup: lässt Tequila süßer werden
Alle diese Zusätze müssen nicht, sofern sie 1% des Gesamtvoluments nicht übersteigen auf dem Etikett erwähnt werden. Bei Tequila Blanco sind grundsätzlich keine Zusatzstoffe erlaubt.
Die industrielle Massenproduktion fordert ihren Tribut
Gerade im Hinblick auf den Methanolgehalt sowie auf die Menge des enthaltenen Aldehyds müssen ständige Überprüfungen und Anpassungen vorgenommen werden. Vergleichsweise frei ist allerdings das Kochen und Pressen der Agave, die Fermentation und Destillation, wobei die traditionellen Methoden dafür nur selten vom Gesetz in dieser Art verlangt werden. Inzwischen ist der gesamte Prozess der Herstellung von industrialisierten Vorgängen geprägt, die traditionellen Handwerkskünste sind nur noch selten zu finden. Dies wiederum wird von vielen Seiten bemängelt, denn die eigentliche Auszeichnung des Tequilas und seine Bezeichnung als geistiges Eigentum sahen eigentlich vor, dass der Herstellungsprozess genau geregelt sein müsse. Hintergrund ist aber nicht nur, dass die traditionelle Herstellung erhalten bleiben sollte, sondern auch, dass die Qualität des Tequilas nachweislich gleich hoch sein müsse. Kritiker sehen vor allem in der Größe der Produktionsregionen ein Problem, denn ein derart große Gebiet lasse sich nicht überwachen.
Der Mixto-Tequila wird erfunden
In den 1930er Jahren wurde entschieden, dass in der Fermentation auch andere Zuckerquellen als nur Agave verwendet werden sollten. In 1949 hingegen hieß es, dass nur Agave eingesetzt werden dürfe. Die Pflanzen wurden allerdings knapp, weshalb es in 1964 hieß, dass der Anteil auf 70 Prozent herabgesetzt werden dürfe. Schon 1970 waren es nur noch 51 Prozent, im Jahr 2000 sogar nur 30 Prozent. Grund hierfür waren die Ernteausfälle, die die Region beutelten. So kamen denn andere Zuckerarten zum Einsatz, darunter die aus Zuckerrohr, Getreide oder Mais.
Heute gilt: Ein guter Tequila besteht zu 100 Prozent aus Agave, erlaubt sind aber bis zu 49 Prozent Fremdzucker. In dem Fall handelt es sich um „Mixto“ Tequilas, die teilweise auch aus Zuckerkulör, Zucker und Essenzen aus Mandeln bestehen können. Sogar Glyzerin oder Extrakte der Eiche dürfen zugegeben werden. Mixtos werden oft außerhalb von Mexiko abgefüllt, was die Kontrollmöglichkeiten über den Tequila stark einschränkt. Die Überwachung findet unter anderem durch das „Consejo Regulado de Tequila“ statt, eine Non-Profit-Organisation, die die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben bei der Herstellung, Abfüllung und Kennzeichnung der Tequilas für die mexikanische Regierung prüfen soll.